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Vierfache Mutter - Großmutter -- wohnt in Lienz -- *Arbeitsassistentin*
(berufliche Integration von Jugendlichen mit Behinderung) -- als
Quereinsteigerin im Gemeinderatswahlkampf 2004 zu den Lienzer Grünen - Gemeinderätin in Lienz -- Ausschuss für Wohnen, Soziales und Familie und im Bauausschuss.
Unsere 8 Fragen an die Nationalratskandidatin:
1. Was hat dich bewogen, als Spitzenkandidat deiner Partei für die Nationalratswahlen zu kandidieren?
bei meiner Arbeit habe ich viel mit Menschen mit Behinderung zu tun. Immer wieder bin ich dabei mit Schicksalen von Familien und Einzelpersonen konfrontiert, die mir unglaublich erscheinen! Die Lücken in unserem Sozialen Netz sind grobmaschiger als man denkt und es ärgert mich wenn jemandem, der Hilfe benötigt der Zugang dazu verwehrt ist, weil das Gesetz es nicht vorsieht . Ein Beispiel: Ich betreute vor Jahren einen 16-Jährigen Sonderschüler, sein Vater stirbt überraschen mit 51, war aufgrund von Alkoholkrankheit und allen möglichen Problemen in den letzten Jahren nicht in einem Dienstverhältnis, leider auch nicht beim AMS als arbeitsuchend gemeldet. Die Witwe hat sein Jahren die Familie mit einem Hilfsarbeiterjob im Gastbewerbe über Wasser gehalten. Nun sucht sie um Halbwaisenrente für die beiden minderjährigen Kinder an und erhält einen abschlägigen Bescheid. Ihr Mann hatte um einige Monate zu wenig Versicherungszeiten! Ansonsten hätte sie eine Witwenpension und die Kinder die Halbwaisenrente bekommen und zwar bis sie ihre Ausbildung abschließen. Die Gesetzeslage sieht keine Ausnahmen vor und so bekommt die Familie, die schon seit Jahren in Armut lebt wieder nichts. Mein eigener Bruder wurde vor einigen Jahren Witwer, seine beiden Kinder hatten Glück, ihre Mutter hatte gerade die erforderlichen Versicherungszeiten „erlebt“ bevor sie mit 39 an Krebs starb. Mein Bruder bekommt eine Witwerpension, die Kinder eine Halbwaisenrente bis sie ihr Studium beenden. Ich kandidiere für den Nationalrat weil dort die Gesetze beschlossen werden, die für diese Ungleichbehandlung verantwortlich sind.
2. Viele junge Menschen wollen mit Politik nichts zu tun haben und glauben auch, dass man nicht viel ändern kann. Warum sollte die Jugend zur Wahl gehen?
Soweit ich mich erinnern kann habe ich mich immer für Politik interessiert und wollte mitgestalten. Bei meinem ersten Versuch einer Stimmabgabe beim Anti-Atom-Volksbegehren um Zwentendorf (1978?) durfte ich noch nicht mit abstimmen weil man zu einem bestimmten Stichtag 19 gewesen sein musste. Ich war zwar gerade 19geworden, aber zu spät, da half nichts. Ich war sehr sauer und habe danach nie eine Wahl versäumt. Ich finde es spannend mitbestimmen zu können wer uns regieren soll. Und verändern kann man nur etwas wenn man mitten drin ist, deswegen bin ich auch in den Gemeinderat gegangen. Als grüne Gemeinderätin ist es bei uns natürlich nicht so einfach, aber wenigstens auf die Finger schauen kann ich den Großen und sie reißen sich mehr zusammen!
3. Würdest du dich dafür einsetzen, dass man bereits mit 16 Jahren bei den Nationalratswahlen wählen darf?
Ich bin für ein Wahlrecht ab 16 weil ich weiß, dass diejenigen Jugendlichen, die ihr Wahlrecht wahrnehmen reif genug dafür sind. Die anderen, die es noch nicht interessiert gehen auch mit 18 nicht wählen.
4. Kaum ein anderer Bezirk in Österreich hat eine so hohe Arbeitlosenrate wie Osttirol. Wie kann die Politik dem wirksam entgegensteuern?
Die Arbeitslosenrate in Osttirol hängt sicher mit unserer geographischen Lage zusammen, interessanterweise ist es im südlichen Burgenland nicht viel anders, das nicht von Bergen sondern ehemaligen Ostblockstaaten umgeben ist. Ich bin enttäuscht, dass es noch nicht gelungen ist die Zusammenarbeit mit Südtirol zu fördern, wo Arbeiter gesucht werden. Oft ist die mangelnde Sprachfertigkeit ein Grund, aber auch die Bürokratie (Steuern, Familienbeihilfe…) erschwert es, den Schritt über die Grenze zu wagen. Die Politik kann nur die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft vorgeben. Der Rest wird von der allgemeinen Wirtschaftslage beeinflusst. Eine Energiewende, wie sie von den Grünen gefordert wird, könnte regional viele Arbeitsplätze in Klein- und Mittelbetrieben des Baugewerbes schaffen. Die Thermische Gebäudesanierung bringt viel Arbeit für Maler Maurer, Tischler… und hilft teure Energie zu sparen.
5. Im Bezirk werden viele Jugendliche in erstklassigen Schulen zu qualifizierten Arbeitskräften ausgebildet. Trotzdem finden viele keinen Job und müssen entweder außerhalb des Bezirkes arbeiten oder eine Arbeit annehmen, die nicht ihrer Ausbildung entspricht. Für welche langfristige Lösung würdest du dich einsetzen?
Die Abwanderung der „Intelligenz“ hat in Osttirol Tradition! Von meiner Maturaklasse im BRG Lienz sind nur 2 von 24 in Lienz heimisch geworden. Alle sind zum Studieren auswärts gegangen und haben ihr Leben nach den beruflichen Möglichkeiten ausgerichtet. Meinem Mann und mir ist es aufgrund der technischen Entwicklungen (Fax) möglich geworden, wieder in Osttirol Fuß zu fassen. Vor 16 Jahren haben wir noch nicht gewusst ob es auf Dauer klappen wird. Per Fax hatte er seine Arbeit von zu Hause aus erledigen können. Inzwischen sind Internet und e-Mail das Medium, das ihn mit der Außenwelt verbindet. Als Übersetzer sieht er seine Auftraggeber praktisch nie und kann in Osttirol davon leben. Ich glaube dass wir heute mobiler sein müssen als früher. Ca. 4000 OsttirolerInnen pendeln wöchentlich nach N-Tirol oder Bayern. Nur so kann man die schmucken Häuser an den verschiedenen Berghängen finanzieren. Und die Landwirtschaft, die früher einer der größten Arbeitgeber war, hat stark an Bedeutung verloren. Ich glaube, dass es jungen Menschen, die eine gute Grundausbildung erhalten haben, durchaus gut tut den Bezirk einmal zu verlassen und auch anderswo Erfahrungen zu sammeln. Wer wirklich zurückkommen will tut es auch irgendwann. Die Telekommunikation macht vieles möglich.
6. Osttirol ist durch dörfliche Strukturen geprägt und besonders das Vereinsleben führt zu einem guten Zusammenhalt. Wie wichtig sind für dich Vereine und ehrenamtliche Aufgaben? Wie kann die Politik solche in Zukunft verstärkt fördern?
Da ich eher ein Stadtmensch bin (oder ist Lienz ein Dorf?) ist mir das rege Vereinsleben in den Dörfern eher fremd. Ich sehe aber bei vielen Bekannten, dass die Mitarbeit in Vereinen ihnen viel gibt und sicher sehr wertvoll ist. Ehrenamtliche Aufgaben zu übernehmen ist heute immer schwieriger geworden, weil der berufliche Alltag einen sehr vereinnahmt. Trotzdem lohnt es sich! Vor allem für Kinder und Jugendliche ist es wichtig auch außerhalb der Familie Werte und Engagement für andere zu erlernen! Die Politik kann meiner Meinung nur begrenzt mithelfen, dass Menschen noch genügend Zeit haben sich in Vereinen zu engagieren. Die Wirtschaft ruft nach noch mehr Flexibilität…
7. Die politischen Diskussion der letzten Monate wurde in Osttirol stark von der Energie-, Verkehr- und Naturthemen dominiert. Stehen Naturschutz und Wirtschaft im Widerspruch zu einander?
Gerade in Osttirol stehen Naturschutz und Energie nicht im Gegensatz zueinander. Es sollte uns gelingen uns auf unsere Ressourcen, die ausreichend vorhanden sind zu konzentrieren und sie schonend für die Umwelt zu nutzen. Bei Neubauten könnte in einigen Jahren das Passivhaus Standard sein, das kaum Energie von außen zugeführt bekommt. Die Photovoltaik wird auch immer interessanter von der praktischen Einsetzbarkeit. Wir müssen schauen dass wir Arbeitsplätze schaffen indem wir von regionalen Rohstoffen leben und keinen Raubbau betreiben. Die Nutzung der Biomasse (Holz, Gülle….), Sonnenenergie und der Wasserkraft, die eh schon genug ausgebaut ist, sollten eine energieautarke Region Osttirol ermöglichen (Siehe energieautarke Region Güssing im Burgenland!).
Immer wenn ich über die Berge nach Osttirol zurückkomme erstaunt es mich, wie schön es bei uns ist und wundere mich, dass man nicht davon leben kann. Der Nationalpark Hohe Tauern ist grandios (und jetzt endlich auch international anerkannt, was für die Vermarktung sicher wertvoll ist!) und unter Fachleuten als Juwel bekannt. Die Fließgewässer und da vor allem die Isel sind von Fachleuten aus ganz Europa als Studiengebiet heiß begehrt weil es nur bei uns noch solche Schätze gibt.
Naturschutz und Wirtschaft müssen nicht im Widerspruch zueinander stehen. Aber die Vermarktung der Natur muss vorausschauend und mit den Bewohnern der Region gemeinsam erfolgen. Und da hapert es in Osttirol noch.
8. Wie siehst du die Zukunft deiner Heimat Osttirol?
Die Zukunft Osttirols: sehe ich rosig grün, wie das Abendrot auf der Laserzwand nach einem schönen Herbsttag. Wir werden eine Region mit hohem Ausbildungsniveau, motivierten Facharbeitern und einer florierenden Wirtschaft sein. Selbstverständlich werden die Bewohner darauf achten Produkte aus der Region im Supermarkt einzukaufen und die Touristen werden wegen der Qualität unseres Angebotes Schlange stehen an der Grenze und die Einheimischen werden gerne in gut bezahlten Jobs im Tourismus oder Gewerbe arbeiten weil sie geregelte Arbeitszeiten haben und geschätzt werden (zuerst müssen wir aber noch besser Italienisch lernen…)
Osttirol darf aber auf keinen Fall eine Entwicklung nehmen wie sie Felix Mitterer in der „Piefke-Saga“ Teil 4 vorausgesehen hat. Viele Tourismusregionen in N-Tirol erinnern mich frappant daran!